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Das Ende einer Ära.

Die Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen verliert ihre Eigenständigkeit und wird ab 2024 zu einem vom Präsidium kontrollierten Ausschuss.


„Offenlegung von Interessen. Die Inhalte dieser Veranstaltung sind Ergebnis des Bemühens um größtmögliche Objektivität und Unabhängigkeit. Als Veranstaltungsleiter/in versichere ich, dass in Bezug auf den Inhalt dieser Veranstaltung keine Interessenskonflikte bestehen“. Diese Folie habe ich wie alle Veranstaltungsleiter: innen und Dozent: innen, die in der Akademie in Bad Nauheim Kurse oder Veranstaltungen durchführen, seit vielen Jahren meinen Vorträgen verpflichtend voranstellen müssen. Transparenz und pharmaindustrieunabhängige Informationen sind ein Kernmerkmal der Akademie (gewesen).


Dieses Selbstverständnis der Akademie war für mich immer ein wichtiger Grund, trotz vergleichsweiser schlechter Honorierung verglichen mit kommerziellen Fortbildungsangeboten, mich als Dozent und Leiter für die Vermittlung von Inhalten in der Akademie, die nicht Industrieinteressen untergeordnet ist, zu engagieren. Um in diesem Sinne die Interessen der Dozent: innen, aber auch die Bedürfnisse der in Fort- und Weiterbildung befindlichen Kolleg: innen besser zu vertreten, habe ich mich als Delegierter ehrenamtlich in den Vorstand der Akademie wählen lassen.


Dass die Akademie nach über 50 Jahre angepasst und modernisiert werden sollte, fand ich eine spannende Aufgabe. Was mir nicht bewusst war: dass der Vorstand der Akademie jedoch damit nicht befasst werden sollte, sondern eine kleine, davon unabhängig im Präsidium agierende Arbeitsgruppe. Und hier endet auch der hohe Anspruch der „Offenlegung der Interessen“.


Nachdem ich über die meiste Zeit in den Vorstandsitzungen nur über das Tagesgeschäft der Akademie informiert wurde, das ja nicht zu beanstanden ist, bereitete jene kleine Arbeitsgruppe, die tatsächlich zu Beginn der Legislaturperiode gebildet und bestätigt worden war, mit der Geschäftsführung und unter Hinzuziehung einer Beraterfirma, über die die meisten ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder wie ich nichts wussten, die größte Umstrukturierung in der Geschichte der Akademie vor. Diese organisatorische Umgestaltung, die auch eine neue Rechtsform beinhaltet, wurde den Delegierten und den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern erst dann vorgelegt, als die organisatorisch-juristische Neujustierung praktisch abgeschlossen war und nur noch bestätigt werden sollte. Es gab daraufhin bei den ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder Unverständnis und Diskussionsbedarf wegen des Vorgehens. Um die Wogen zu glätten wurde u.a. eine kleine Untergruppe gebildet, die in die letzte Phase des Prozesses eingebunden werden sollte, um gewissermaßen noch kleinere Verbesserungen an dem feststehenden Gesamtkonstrukt vorzunehmen.


Ich selbst habe eigene Recherchen angestellt und herausgefunden, dass die Beraterfirma, die eine Menge Geld gekostet hat, einen Geschäftsführer hat, der auch Geschäftsführer des Deutschen Ärzteverlages ist, jenem Verlag, den eben diese Beraterfirma angeblich bei dessen Sanierung geholfen habe. Gleichzeitig ist er Geschäftsführer von mindestens einer Vermögensverwaltung. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob dies zu beanstanden sei. Klar aber ist: Mit „Offenlegung der Interessen und keine Interessenskonflikte“ hat das nicht viel zu tun.


Besser hätten die Verantwortlichen nicht klar machen können, dass die so gewollte Umstrukturierung der Akademie, gleichzeitig auch eine Abkehr der bisherigen Philosophie von Transparenz und demokratischer Partizipation bedeutet.


Es stellt sich die Frage, ob das neue Konzept, das eher wirtschaftsliberal die Auswahl der Kurse nach Rentabilität vorschlägt, die Qualität des Angebots wirklich heben wird und ob die Akademie trotzdem in direkter Konkurrenz mit anderen kommerziellen Anbietern von Fortbildungsangeboten bestehen kann. Der besagte Geschäftsführer, der die Hessische Akademie beraten hat, hat jetzt für den Deutschen Ärzteverlag eine neue Online-Akademie in Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie geplant, die damit wohl einmal selbst in Konkurrenz mit der „reformierten“ hessischen Akademie, die jetzt nur noch ein dem Präsidium der Landesärztekammer Hessen unterstehender Ausschuss sein wird, treten könnte.

Die Ära der eigenständigen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung geht tatsächlich zu Ende.


Autor: Pierre E. Frevert

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